Textarchiv - Sophie Mereau
https://www.textarchiv.com/sophie-mereau
Deutsche Schriftstellerin. Geboren am 27. März 1770 in Altenburg. Gestorben am 31. Oktober 1806 in Heidelberg.
deErinnerung und Phantasie
https://www.textarchiv.com/sophie-mereau/erinnerung-und-phantasie
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Warum ergießt sich nur der Schwermuth Schauer<br />
Aus deiner Schaale mir, Erinnerung?<br />
Warum bewölkt der Sehnsucht stille Trauer<br />
Der Seele Blick mit trüber Dämmerung?</p>
<p>Sie flattert ängstlich mit gelähmtem Flügel<br />
Um Blüthen der Vergangenheit, enteilt<br />
Auf ewig, wie bei seinem Grabeshügel<br />
Ein armer unversöhnter Schatten weilt.</p>
<p>Und wie nach Edens seligen Gefilden<br />
Zu späte Reu mit nassem Blicke dringt,<br />
Schaut sie zurück nach luftigen Gebilden,<br />
Die keine Hofnung je ihr wieder bringt.</p>
<p>Ist dieß dein Glück, o! du im Mondenglanze,<br />
Erinnerung? Dieß deine Seligkeit?<br />
O! fleuch von mir mit deinem welken Kranze,<br />
Und überlaß mich der Vergessenheit.</p>
<p>Entführe du auf deinen muntern Schwingen<br />
O! Phantasie, mich diesem finstern Harm!<br />
Schon fühl’ ich Kraft durch jeden Nerven dringen,<br />
Und fliehe leichter aus der Schwermuth Arm.</p>
<p>Du Göttliche, du schwelgst im Wesenkranze,<br />
Nicht ängstlich an die Gegenwart gebannt,<br />
Entzückt umher, dir strahlt im Sonnenglanze<br />
Die Unermeßlichkeit, dein Vaterland.</p>
<p>Der armen Nothdurft kärglichem Gebiete<br />
Entschwingst du, Allumfassende, dich kühn,<br />
Und stürzest dich, berauscht vom Sphärenliede,<br />
Ins Flammenmeer der Ideale hin.</p>
<p>Dich fesselt nicht das irrdsche Maaß der Zeiten,<br />
Des Raumes nicht; mit Himmlischen verwandt,<br />
Genießest du im Reich der Möglichkeiten<br />
Ein Glück, das keine Wirklichkeit umspannt.</p>
<p>Vergebens hüllt ein unauflösbar Siegel<br />
Den Sterblichen die ferne Zukunft ein,<br />
Zurück gestrahlt aus deinem Zauberspiegel,<br />
Geht sie hervor in schönen Dämmerschein.</p>
<p>Als Mitgenossinn theilest du die Schätze,<br />
Die tief im Schooß der fernen Nachwelt blühn,<br />
Und lösest kühn der Endlichkeit Gesetze,<br />
Daß von Unsterblichkeit die Seelen glühn.</p>
<p>Beflügle mich, schon bricht aus schwarzer Hülle<br />
Der Hofnung lichtes Morgenroth hervor,<br />
Die Welt ist schön, und schönre Lebensfülle<br />
Schäumt mir aus deinem Zauberkelch empor.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/sophie-mereau" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Sophie Mereau</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1796</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/sophie-mereau/erinnerung-und-phantasie" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Erinnerung und Phantasie" class="rdf-meta element-hidden"></span>Thu, 01 Jan 2015 12:59:35 +0000akessler650 at https://www.textarchiv.comDas Lieblingsörtchen
https://www.textarchiv.com/sophie-mereau/das-lieblingsoertchen
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Wohl wölbet sich lieblich am kühligen Bach<br />
Manch duftend Gewinde zum blühenden Dach;<br />
Wohl hat sich schon mancher, von Sehnsucht gequält,<br />
Ein heimliches Plätzchen zum Freunde gewählt;</p>
<p>Doch kennt’ ich sie alle, die Stellen der Ruh,<br />
Es machte von allen mir keine, wie du,<br />
Du Dörfchen im stillen bescheidenen Grund,<br />
Die freiheitdürstende Seele gesund!</p>
<p>Wie, innigst an liebende Arme gewöhnt,<br />
Nach kurzer Entfernung, das Liebchen sich sehnt,<br />
So wallet, wenn Tage der Trennung vergehn,<br />
Mein liebender Busen, dich wieder zu sehn.</p>
<p>Von Blüthen umduftet, von Lüftchen geküßt,<br />
Von lieblichen Sängern auf Zweigen begrüßt,<br />
Enteilt mir der Stunden geflügelter Zug,<br />
Und nimmer hemmt Unmuth den rosigen Flug.</p>
<p>Im Häuschen so reinlich, so niedlich und klein,<br />
Nist’t traulich das friedliche Täubchen sich ein,<br />
Drinn wohnen zwei Menschen, bescheiden und hold,<br />
Wie Blumen der Wiese, und lauter wie Gold.</p>
<p>Vom ländlichen Paar, das im Hüttchen sich lebt,<br />
Dem Unschuld und Ruhe den Lebenstraum webt,<br />
Zum Käfer, der summend die Blüthen durchstrich,<br />
Freut alles der Liebenden Gegenwart sich.</p>
<p>Es zieret, gewartet von sorgsamer Hand,<br />
Des Geisblatts Gewinde die reinliche Wand,<br />
Streckt brünstig die Arme zum Fenster hinauf,<br />
Und sendet mir süße Gerüche herauf.</p>
<p>Es zieht sich so heimlich vom Hügel ins Thal<br />
Ein Wäldchen, drinn wohnet manch frölicher Schall,<br />
Da winkt mir, umflossen von trüblichem Licht,<br />
Aus einem der Büsche ein Schattengesicht.</p>
<p>Erinnerung wob es aus magischem Duft,<br />
Da steht es nun ewig in schweigender Luft.<br />
Ich setze mich einsam zum fliehenden Bach,<br />
Und sinne dem flüchtigen Schattenbild nach.</p>
<p>Es rauschen die Wellchen bedeutend und schnell,<br />
Und reißen manch’ Blümchen vom Strand in den Quell,<br />
So drängt auch von dir einst, du lieblicher Ort,<br />
Die Welle des Schicksals mich Liebende fort.</p>
<p>Dann sehnt sich, wenn Tage der Trennung vergehn,<br />
Vergebens mein Busen dich wieder zu sehn,<br />
Fühlt liebende Sehnsucht, und athmet so schwer,<br />
Und findet das Plätzchen der Ruhe nicht mehr!</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/sophie-mereau" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Sophie Mereau</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1796</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/sophie-mereau/das-lieblingsoertchen" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Das Lieblingsörtchen" class="rdf-meta element-hidden"></span>Wed, 31 Dec 2014 16:58:50 +0000akessler649 at https://www.textarchiv.comVergangenheit
https://www.textarchiv.com/sophie-mereau/vergangenheit
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Des Dörfchens Weidenkranz verschwimmt im grauen Duft,<br />
Am falben Busche weht der Abendhauch,<br />
Die Vögel taumeln träg durch feuchte Luft,<br />
Und durch die Bäume dringt der Hütten Rauch.</p>
<p>Der Tag, der durch der Dünste weißen Flor,<br />
Mit goldnem Aug der öden Flur gelacht,<br />
Berührt der dunkeln Göttinn graues Thor,<br />
Und senkt sich schweigend in den Schooß der Nacht.</p>
<p>Mit heimlichem und ungewissem Licht<br />
Entglimmt schon hier und da in Dämmerung<br />
Des Dörfners kleines Lämpchen, und verspricht<br />
Dem irren Wanderer Beruhigung.</p>
<p>Wo seid ihr hin, ihr Stunden? wohin trug<br />
So schnell, so rastlos euch der Strom der Zeit?<br />
Ihr weht und woget, und an eurem Flug<br />
Hängt oft des Menschen stille Seligkeit!</p>
<p>Wo ist der Sonnenblick, der durch der Büsche Nacht<br />
Oft goldne Flecken auf dem Rasen wob,<br />
Und meinen Geist mit zauberischer Macht<br />
Zu leichten Himmelsahndungen erhob?</p>
<p>Wo blühn die Blumen, die Gefühl und Lust<br />
Mir hier zum lieblichsten der Kränze wand?<br />
Ich sinke still an der Erinnrung Brust,<br />
Und ach! er liegt verwelkt in ihrer Hand!</p>
<p>Verweht, wie Zephyr, ist die Harmonie,<br />
Die sonst mit heil’gem, himmlischreinem Klang<br />
Aus allen Wesen quoll mit holder Sympathie,<br />
Wenn Freude mir durch alle Pulse drang!</p>
<p>Im Nachtwind, der mit traurigem Gestöhn<br />
Im Schilfe seufzt, das an des Teiches Moor<br />
Noch einsam wachet, klagt ein säuselndes Getön<br />
Mir leise diesen bangen Zuruf vor:</p>
<p>»Was suchst du hier? die Stunden sind verweht,<br />
»Vergangenheit nahm sie in ihren Schooß.<br />
»Die Blume stirbt – ein neu Gebild entsteht,<br />
»Und keine Stunde reißt sich wieder los!«</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/sophie-mereau" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Sophie Mereau</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1796</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/sophie-mereau/vergangenheit" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Vergangenheit" class="rdf-meta element-hidden"></span>Wed, 31 Dec 2014 16:55:57 +0000akessler648 at https://www.textarchiv.comFrühling
https://www.textarchiv.com/sophie-mereau/fruehling
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Düfte wallen – Tausend frohe Stimmen<br />
Jauchzen in den Lüften um mich her,<br />
Die verjüngten trunknen Wesen schwimmen<br />
Aufgelöst in einem Wonnemeer.</p>
<p>Welche Klarheit, welches Licht entfließet<br />
Lebensvoll der glühenden Natur!<br />
Festlich glänzt der Aether, und umschließet,<br />
Wie die Braut der Bräutigam, die Flur.</p>
<p>Leben rauscht von allen Blüthenzweigen,<br />
Regt sich einsam unter Sumpf und Moor,<br />
Quillt, so hoch die öden Gipfel steigen,<br />
Emsig zwischen Fels und Sand hervor.</p>
<p>Welch ein zarter, wunderbarer Schimmer<br />
Ueberstrahlt den jungen Blüthenhain!<br />
Und auf Bergen um verfallne Trümmer<br />
Buhlt und lächelt milder Sonnenschein.</p>
<p>Dort auf schlanken, silberweißen Füßen<br />
Weht und wogt der Birken zartes Grün,<br />
Und die leichten, hellen Zweige fließen<br />
Freudig durch den lauen Luftstrom hin.</p>
<p>In ein Meer von süßer Lust versenket,<br />
Wallt die Seele staunend auf und ab,<br />
Stürzt von frohen Ahndungen getränket,<br />
Sich im Taumel des Gefühls hinab.</p>
<p>Liebe hat die Wesen neu gestaltet,<br />
Ihre Gottheit überstrahlt auch mich,<br />
Und ein neuer üpp’ger Lenz entfaltet<br />
Ahndungsvoll in meiner Seele sich.</p>
<p>Laß an deine Mutterbrust mich sinken,<br />
Heil’ge Erde, meine Schöpferin!<br />
Deines Lebens Fülle laß mich trinken,<br />
Jauchzen, daß ich dein Erzeugtes bin!</p>
<p>Was sich regt auf diesem großen Balle,<br />
Diese Bäume, dieser Schmuck der Flur,<br />
Einer Mutter Kinder sind wir alle,<br />
Kinder einer ewigen Natur.</p>
<p>Sind wir nicht aus Einem Stoff gewoben?<br />
Hat der Geist, der mächtig sie durchdrang,<br />
Nicht auch mir das Herz empor gehoben,<br />
Tönt er nicht in meiner Leier Klang?</p>
<p>Was mich so an ihre Freuden bindet,<br />
Daß mit wundervoller Harmonie,<br />
Meine Brust ihr Leben mitempfindet,<br />
Ist, ich fühl’ es, heil’ge Sympathie!</p>
<p>Schwelge, schwelge, eh ein kalt Besinnen<br />
Diesen schönen Einklang unterbricht,<br />
Ganz in Lust und Liebe zu zerrinnen,<br />
Trunknes Herz, und widerstrebe nicht.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/sophie-mereau" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Sophie Mereau</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1796</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/sophie-mereau/fruehling" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Frühling" class="rdf-meta element-hidden"></span>Wed, 31 Dec 2014 16:53:35 +0000akessler647 at https://www.textarchiv.com